Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

Webb enthüllt atemberaubende Strukturen in nahegelegenen Spiralgalaxien


Dieses Bild zeigt eine Ansammlung von 19 Spiralgalaxien des James-Webb-Weltraumteleskops im nahen und mittleren Infrarotlicht. Webbs NIRCam (Nahinfrarotkamera) hat in diesen Bildern Millionen von Sternen aufgenommen. Ältere Sterne erscheinen bläulich und befinden sich in den Galaxienkernen. Die MIRI-Beobachtungen (Mid-Infrared Instrument) des Teleskops heben dagegen in Rot- und Orangetönen leuchtenden Staub hervor und zeigen, wo er um und zwischen Sternen vorkommt. Sterne, die sich noch nicht vollständig gebildet haben und von Gas und Staub umhüllt sind, erscheinen hellrot. Webbs hochauflösende Bilder sind die ersten, die große hohlraumartige Blasen im Gas und Staub in solch exquisiten Details zeigen. Diese Blasen könnten von Sternen verursacht sein, die einst explodierten und riesige Hohlräume in das interstellare Material rissen. Mehrere Galaxienkerne zeigen sternartioge rosa-rote Beugungsspitzen als Anzeichen dafür, dass diese Galaxien aktive supermassereiche Schwarze Löcher oder Sternhaufen in ihren Kernen beherbergen könnten. Diese Spiralgalaxien sind Webbs erste große Beiträge zum PHANGS-Programm (Physics at High Angular resolution in Nearby GalaxieS), das vorhandene Bilder und Daten des Hubble-Weltraumteleskops der NASA, des Multi-Unit Spectroscopic Explorer (MUSE) des Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte und des Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) umfasst. Mit Webbs Bildern können die Forscher diese Galaxien nun im ultravioletten, sichtbaren, infraroten und Radiolicht untersuchen. Am Zentrum für Astronomie der Universität Heidelberg (ZHA) leitet Emmy Noether- und ERC Forschungsgruppenleiterin Dr. Kathryn Kreckel eine wissenschaftliche Arbeitsgruppe von PHANGS, die den Zusammenhang zwischen Gasionisation und Sternentstehung untersucht. (Bildnachweis: NASA, ESA, CSA, STScI, Janice Lee (STScI), Thomas Williams (Oxford), PHANGS Team)

Das Webb-Weltraumteleskop liefert weiterhin Bilder von beispielloser Klarheit bei infraroten Wellenlängen und hilft dabei, fehlende Teile des Sternentstehungspuzzles zu enthüllen. Beeindruckt von ihrer Schönheit und ihrem überwältigenden strukturellen Reichtum, beschloss die NASA, neue Beobachtungen von 19 nahen Spiralgalaxien zu veröffentlichen. Der Heidelberger Astrophysiker Oleg Egorov vom ZAH/ARI ist einer der Hauptentwickler der Datenreduktionssoftware, die JWST-Beobachtungen in diese erstaunlichen wissenschaftlichen Datenprodukte umgewandelt hat.

Es ist schwer, sich andere Objekte im Universum vorzustellen, die die Schönheit und faszinierende Struktur von Spiralgalaxien übertreffen können. Aufgrund seiner Fähigkeit, Licht im nahen und mittleren Infrarot zu detektieren,  kann insbesondere das James-Webb-Weltraumteleskop (JWST) der NASA sehr detaillierte Bilder der Verteilung ihrer Sterne, ihres Gases und ihres Staubs liefern, die schließlich fehlende Teile des Sternentstehungspuzzles aufdecken werden. Kürzlich wurde eine neue Reihe von überzeugenden Bildern von atemberaubendem strukturellem Reichtum veröffentlicht.

Diese Webb-Bilder sind Teil des PHANGS-Programms (Physics at High Angular resolution in Nearby GalaxieS), einem großen, langjährigen Projekt, das von mehr als 150 Astronomen weltweit unterstützt wird. Am Zentrum für Astronomie der Universität Heidelberg (ZAH) leitet Dr. Kathryn Kreckel eine wissenschaftliche Arbeitsgruppe von PHANGS,  die den Zusammenhang zwischen Gasionisation und Sternentstehung untersucht.

Dr. Oleg Egorov, Postdoktorand in der Emmy Noether-Forschungsgruppe von Kreckel, nutzt PHANGS-Daten, um polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) zu untersuchen. Diese Moleküle sind im interstellaren Medium allgegenwärtig, stechen im mittleren Infrarotbereich hervor und dienen als Tracer der lokalen physikalischen und chemischen Prozesse. Aber Oleg Egorov nutzt nicht nur JWST-Beobachtungen für seine Forschung, er ist zusammen mit Thomas Williams von der Universität Oxford in Großbritannien  einer der Hauptakteure einer Code- und Datenreduktions-Pipeline namens PJPipe  (die PHANGS-JWST-Pipeline), die die Reduktion großer Bildmosaike und von nahen Galaxien mit ausgedehnter diffuser Emission verbessert. Tatsächlich wurde PJPipe verwendet, um die schönen JWST-Bilder in der aktuellen Image-Version zu erstellen.

"Meine Hauptmotivation an diesen Daten zu arbeiten war, dass wir die Struktur des interstellaren Mediums der nahen Galaxien jenseits der Lokalen Gruppe noch nie in so vielen Details sehen konnten. Mit den neuen JWST/MIRI-Bildern können wir nun untersuchen, wie sich die polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAK) in einer bisher unerreichten Auflösung über die Galaxienscheiben verteilen", schwärmt Egorov. Das "Mid-Infrared Instrument" (MIRI) des Teleskops hebt leuchtenden Staub hervor und zeigt uns, wo er um und zwischen Sternen existiert. Auch Egorovs Kollege Thomas Williams hat das Gefühl, dass sein Team in einem Zustand lebt, in dem es ständig von der Menge an Details in diesen Bildern überwältigt ist – im positiven Sinne.

Dank der verfügbaren PHANGS-Daten, die auch von anderen Instrumenten wie MUSE, das am VLT in Chile installiert ist,  und Spektren, die vom Hubble-Weltraumteleskop (HST) aufgenommen wurden, lernte Egorov bereits viel über die Entwicklung von PAK im interstellaren Medium von Galaxien. Insbesondere fand er heraus, dass PAK-Moleküle in sogenannten HII-Regionen durch die Anwesenheit der wasserstoffionisierenden Strahlung und nahezu unabhängig von der Umgebung zerstört werden.

Die anschließende Analyse auf der Grundlage der aktuellen Veröffentlichung der Daten für alle 19 Galaxien ist noch im Gange und Dr. Egorov ist begeistert von den neuen wissenschaftlichen Schätzen, die es zu heben gilt.


RELEVANTE PRESSEMITTEILUNG
Webb der NASA zeigt erstaunliche Struktur in 19 nahen Spiralgalaxien
JWST-Übersicht und Einzelbilder

Presseinformation der Universität Heidelberg


ÜBER DAS JWST
Das James-Webb-Weltraumteleskop (JWST) ist das weltweit führende Observatorium für Weltraumwissenschaften. Webb löst Rätsel in unserem Sonnensystem, blickt in ferne Welten um andere Sterne hinaus und erforscht die mysteriösen Strukturen und Ursprünge unseres Universums und unseres Platzes darin. Webb ist ein internationales Programm, das von der NASA mit ihren Partnern, der ESA (European Space Agency) und der Canadian Space Agency, geleitet wird. Weitere Informationen finden Sie auf der Homepage des Webb-Weltraumteleskops


WEITERE INFORMATIONEN
PHANGS Collaboration Homepage
Europäische Südsternwarte (ESO)
Zentrum für Astronomie an der Universität Heidelberg (ZAH)
Homepage von Dr. Kathryn Kreckel

Homepage von Dr. Oleg Egorov
 

LOKALER ANSPRECHPARTNER FÜR DIE MEDIEN
Guido Thimm
Zentrum für Astronomie der Universität Heidelberg (ZAH)
thimm@uni-heidelberg.de

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