Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

Landessternwarte feiert Erfolg des CARMENES Projekts


Die Abbildung zeigt die mit CARMENES entdeckten Planeten im Vergleich zu denjenigen, die von anderen Projekten mit der gleichen Methode gefunden wurden. CARMENES-Planeten sind farbig dargestellt, alle anderen als graue Punkte. Die vertikale Achse zeigt, um welchen Sterntyp die Planeten kreisen, von den kühlsten bis zu den helleren und heißeren Sternen. Horizontal aufgetragen ist die Umlaufzeit der jeweiligen Planeten, aus der sich die Entfernung von seinem Stern abschätzen lässt. Auf Planeten, die sich in der bewohnbarem Zone im blau schraffierten Bereich befinden, könnte Wasser flüssig vorliegen. Bildquelle: Institut d'Estudis Espacials de Catalunya (IEEC)

Das CARMENES-Projekt hat gerade die Daten von rund 20.000 Beobachtungen veröffentlicht, die zwischen 2016 und 2020 von 362 kühlen Sternen, so genannte Rote Zwergsterne, aufgenommen wurden. Das von elf Instituten in Spanien und Deutschland finanzierte Projekt nutzt ein Instrument, dessen Konstruktion und erste Betriebsphase am Calar-Alto-Observatorium von der Landessternwarte Königstuhl geleitet wurde. Das Ziel von CARMENES ist die Suche nach erdähnlichen Exoplaneten, also Gesteinsplaneten mit gemäßigten Temperaturen.

Die jetzt veröffentlichten Daten werden in einem jetzt in der Zeitschrift Astronomy & Astrophysics erschienenen Artikel beschriebenen. Es ist gleichzeitig die hundertste Veröffentlichung des CARMENES-Konsortiums – ein beeindruckender Beleg für den Erfolg des Projekts bei der Erforschung erdähnlicher Exoplaneten und ihrer Sterne. Vor allem die Entdeckung von 59 neuen Exoplaneten ist hervorzuheben. Ein Dutzend von ihnen ist potenziell lebensfreundlich: Sie befinden sich in der sogenannten „habitablen Zone“ ihres Sterns und könnten flüssiges Wasser auf ihrer Oberfläche beherbergen.

Tatsächlich hat sich durch CARMENES die Zahl der uns bekannten Exoplaneten um nahe gelegene kühle Sterne verdoppelt. Die Veröffentlichung des ersten großen Datensatzes aus dem Projekt erfolgt, damit auch andere Forscher die Daten auswerten und so den wissenschaftlichen Nutzen weiter steigern können. Das Potential ist groß, denn in den jetzt veröffentlichten Daten wurden fast alle der hellsten von der Nordhalbkugel aus beobachtbaren Roten Zwergsterne erfasst.

 „Besonders freue ich mich darüber, dass CARMENES die Durchführung von insgesamt 20 Bachelor-, Master- und Doktorarbeiten an der Landessternwarte ermöglicht hat,“ sagt Professor Andreas Quirrenbach, der Leiter des Projektes. „Dabei wurden sowohl technische Themen im Zusammenhang mit dem Bau des hochpräzisen Instruments als auch spannende Fragen zur Erforschung von Planetensystemen bearbeitet.“ Dr. Jonas Kemmer hat für seine Dissertation zwei Planeten genauer untersucht. Er erklärt: „Durch Messungen des TESS-Satelliten der NASA wussten wir von der Existenz dieser Planeten und konnten aus dessen Daten deren Radius bestimmen. CARMENES ermöglichte dann die Bestimmung der Dichte dieser Planeten, die der Dichte der Erde sehr nahe kommt. Wahrscheinlich bestehen diese Planeten aus einem ähnlichen Gesteinsmaterial wie unser Heimatplanet.“

Aufgrund seines großen Erfolgs wird das Projekt seit 2021 als „CARMENES Legacy-Plus“ fortgesetzt. Die Beobachtungen im Rahmen dieser Projektverlängerung werden mindestens bis Ende 2023 andauern und sicher noch einige Neuentdeckungen ermöglichen, vor allem aber dienen sie einer besseren statistischen Erfassung der Häufigkeit von Planetensystemen.

Das Instrument CARMENES besteht aus zwei Spektrographen, die sichtbares und infrarotes Licht in seine spektralen Bestandteile zerlegen. Es wurde 2010-2015 gebaut und dann am Calar-Alto-Observatorium installiert, um erdähnliche Exoplaneten zu finden, die uns nahe gelegene Rote Zwergsterne umkreisen. Deren Spektren verraten die Existenz von Exoplaneten, denn mittels einer winzigen periodischen Rot- und Blauverschiebung der Linien im Sternspektrum lässt sich die Bewegung des Sterns messen, die durch die Anziehungskraft der ihn umkreisenden Planeten verursacht wird. Allerdings stellt dies eine technologische Herausforderung dar, weshalb viele der heute bekannten Exoplaneten erst in den letzten Jahren entdeckt wurden. Die hochauflösenden Spektren von CARMENES ermöglichen eine beeindruckende Genauigkeit von einem Meter pro Sekunde, die es erlaubt, auch sehr kleine Planeten um massearme Sterne zu finden.

Die jetzige Veröffentlichung, die einen Überblick über die Datenprodukte und die bisherigen Entdeckungen gibt, wurde in der Fachzeitschrift Astronomy & Astrophysics publiziert. Erstautor der Arbeit ist Dr. Ignasi Ribas, Forscher am ICE-CSIC und Direktor des Instituts für Weltraumstudien von Katalonien (IEEC - Institut d'Estudis Espacials de Catalunya). Insgesamt waren an der Studie rund hundert Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aus mehr als 30 Forschungszentren beteiligt, darunter 14 der Landessternwarte Königstuhl, die zum Zentrum für Astronomie der Universität Heidelberg (ZAH) gehört.

CARMENES ist der Name des wissenschaftlichen Projekts, aber auch des Instruments, mit dem die Beobachtungen durchgeführt wurden, und des Konsortiums, das es entworfen und gebaut hat. Mehr als 200 Wissenschaftler und Ingenieure aus 11 spanischen und deutschen Institutionen sind an dem Projekt beteiligt. Das Konsortium besteht aus folgenden Forschungszentren: Max-Planck-Institut für Astronomie (MPIA), Instituto de Astrofísica de Andalucía (IAA-CSIC), Landessternwarte Königstuhl (LSW), Institut de Ciències de l'Espai (ICE-CSIC), Institut für Astrophysik Göttingen (IAG), Universidad Complutense de Madrid (UCM), Thüringer Landessternwarte Tautenburg (TLS), Instituto de Astrofísica de Canarias (IAC), die Hamburger Sternwarte (HS), das Centro de Astrobiología (CAB, CSIC-INTA) und das Centro Astronómico Hispano-Alemán (CAHA).
 

ORIGINALE PUBLIKATION
"The CARMENES search for exoplanets around M dwarfs. Guaranteed Time Observations Data Release 1 (2016-2020)", I. Ribas et al., erscheint am 22. Februar 2023 in der Zeitschrift Astronomy & Astrophysics (https://www.aanda.org/10.1051/0004-6361/202244879)


ERGÄNZENDE INFORMATIONEN
Homepage der Landessternwarte Königstuhl: www.lsw.uni-heidelberg.de
Homepage des CARMENES Konsortiums: https://carmenes.caha.es
Link zu den veröffentlichten Daten: http://carmenes.cab.inta-csic.es/gto/jsp/datarelease1.jsp


WISSENSCHAFTLICHER KONTAKT
Prof. Dr. Andreas Quirrenbach
Zentrum für Astronomie der Universität Heidelberg (ZAH)
Landessternwarte Königstuhl (LSW)
A. Quirrenbach@lsw.uni-heidelberg.de


LOKALER CONTAKT FÜR DIE MEDIEN
Dr. Guido Thimm
Zentrum für Astronomie der Universität Heidelberg (ZAH)
thimm@uni-heidelberg.de

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