Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

Gaia: die Supermission und ihr dritter Datenkatalog


Gaia: die wissenschaftliche Supermission und ihr dritter Datenkatalog

Das im Dezember 2013 von der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) gestartete Weltraumobservatorium Gaia ist eine astronomische Beobachtungsmission, die Sterndaten in nie zuvor erreichter Menge und Präzision gewinnt und den Astronomen der Welt für ihre Forschungsarbeit zur Verfügung stellt.

Das wichtigste Ziel von Gaia ist es, einen  dreidimensionalen KaKatalog von Milliarden astronomischer Objekte zu erstellen, wobei die größte Schwierigkeit in der genauen Messung von deren Entfernungen besteht. Darüber hinaus verfolgt Gaia im Laufe der Jahre jeden mit den beiden an Bord befindlichen Teleskopen angepeilten Stern. Die Analyse dieser Daten erlaubt zum Beispiel Rückschlüsse auf die Vergangenheit der Milchstraße, in der sich unser Sonnensystem befindet.

Die Analyse der Gaia-Daten hat in den vergangenen Jahren bereits geholfen, einen geschärften Blick in die Entwicklung unserer Galaxie zu werfen. So konnte man darauf schließen, dass die Milchstraße im Laufe der Jahrmilliarden immer wieder kleinere Sternsysteme in sich aufgenommen hat. Es fanden sich sogar deutliche Hinweise, dass eine nahe Passage einer solchen Zwerggalaxie die Entstehung unserer Sonne vor ca. 4,5 Milliarden Jahren ausgelöst hat.

Im Durchschnitt werden seit der Publikation von Gaias zweitem Sternkatalog im Jahre 2018 jeden Tag fast fünf wissenschaftliche Arbeiten aus praktisch allen Gebieten der Astronomie veröffentlicht, die zumindest zu einem wesentlichen Teil auf Gaia-Messungen beruhen. Viele Astronomen sprechen geradezu von der Gaia-Revolution, welche die Astronomie in den letzten Jahren deutlich vorangebracht hat.
Doch trotz solcher bahnbrechenden Arbeiten, die Gaia ermöglicht, könnte dieses wichtige Observatorium in der Öffentlichkeit leicht übersehen werden. Viel mehr Aufmerksamkeit als Gaia erreichen die aufregenden Bilder des Hubble-Weltraumteleskops oder der Raumsonden in unserem Planetensystem. Wissenschaftlich gesehen, spielt Gaia jedoch absolut in der gleichen Liga - bei drastisch geringeren Gesamtkosten - und immerhin kann man mit Computeranimationen auch die zunächst „trockenen“ Gaia-Daten spannend und eindrücklich visualisieren.

 

Gaia Data Release 3 am 13. Juni 2022: dritter wissenschaftlicher Meilenstein der Mission

Und jetzt ist es wieder soweit: Am 13. Juni 2022 wird mit dem Gaia Data Release 3 (Gaia DR3) bereits der dritte riesige Katalog von Messwerten veröffentlicht. Astronom:innen in aller Welt stehen an diesem Tag bereit, genau um 12:00 Uhr die für sie interessantesten Daten aus den Gaia-Archiven herunterzuladen.

Und der neue Katalog hat es in sich: Daten für mehr als 1,8 Milliarden Sterne sind enthalten, darunter 1,5 Milliarden Einträge mit Sternpositionen, Entfernungen und Sternbewegungen. Und ganz besonders wichtig sind 33 Millionen Datensätze für Sterne, bei denen Gaia die Radialgeschwindigkeit, also die Bewegung der Sterne auf uns zu oder von uns weg messen konnte. Diese sind besonders hilfreich, um die Vergangenheit der Milchstraße zu entschlüsseln. Bisher kannte man aufgrund von Gaias zweitem Katalog für nur für sieben Millionen Sterne alle Geschwindigkeitskomponenten.

Ganz besonders warten Wissenschaftler:innen auf ganz neue Datenprodukte: Erstmals werden mit Gaia DR3 auch 220 Millionen Spektren mit niedriger spektraler Auflösung veröffentlicht. Die Messinstrumente von Gaia spalten das Licht der Himmelsobjekte dabei in seine einzelnen Wellenlängen auf. So kann man die Sterne klassifizieren und zum Beispiel deren Temperaturen an der Sternoberfläche bestimmen. Noch genauer gelingt das mit Hilfe eines hochauflösenden Spektrografen im Infraroten.

Fast eine Million dieser Spektren erlauben es, die Häufigkeit chemischer Elemente und deren Häufigkeit in den äußeren Schichten von Sternen zu bestimmen. Auch diese Daten erlauben einen Blick in die Vergangenheit unserer Milchstraße: Im Laufe der Zeit wurden die chemischen Elemente in Sternen erzeugt, aus denen unsere Erde und die Lebewesen auf ihr bestehen.

Darüber hinaus stellt der Gaia DR3 eine große Zahl von Spezialkatalogen mit Doppelsternen, Veränderlichen Sternen, Galaxien, Quasaren und Asteroiden in unserem Sonnensystem zur Verfügung.

In Deutschland sind es vor allem vier Institute, die an der Produktion der Gaia-Kataloge arbeiten: Das Leibniz-Institut für Astrophysik in Potsdam, das Lohrmann-Observatorium der TU Dresden, das Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg und das Astronomische Rechen-Institut am Zentrum für Astronomie der Universität Heidelberg.

 

Eröffnung des dritte Gaia Datenkatalog: Event im Haus der Astronomiw
Gemeinsam mit dem Haus der Astronomie (HdA) präsentierte das Astronomische Rechen-Institut (ARI) am 13. Juni 2022 zwischen 11:00 und 12:00 Uhr den neuen Gaia-Katalog und gab einen Eindruck von der damit verbundenen wissenschaftlichen Revolution. Eine Aufzeichnung der Veranstaltung kann HIER eingesehen werden.

 

Ergänzende Informationen
Gaia Gruppe am Astronomischen Rechen-Institut: https://zah.uni-heidelberg.de/gaia
Informationen der ESA zum Gaia Data Release 3 (DR3): https://www.cosmos.esa.int/web/gaia/data-release-3

 

Kontakt
Prof. (apl.) Dr. Stefan Jordan (Gaia Outreach Manager im europäischen Gaia Konsortium): jordan(at)ari.uni-heidelberg.de

 

 

 

 

zum Seitenanfang/up